af_Gefahren des Lesens_100_schBücher sind gefährlich!
Die Liebe zu Büchern als materielle Objekte hat über die Jahrhunderte bis heute Menschen vom Pfad der Tugend abgebracht. Aus Habsucht, Gewinnstreben und Rache wurden und werden Bücher gestohlen und sogar Morde begangen. Victor Hugo lässt im Glöckner von Notre Dame den Buchhändler der Universität feststellen, dass eine „weitere Pest aus Deutschland“, die Buchdruckerkunst, verantwortlich sei für die Verbreitung von Gedankengut, das Unruhe stifte, ja, die neuen gedruckten Bücher seien das Zeichen für das nahe Ende der Welt.

Lesen ist gefährlich!
Für die Autoritäten ist das Lesen gefährlich, weil der Leser sich unkontrolliert Wissen aneignen kann, das die Institutionen in Frage stellt, die als Mittler zwischen der obersten Instanz und der jeweiligen Gemeinschaft stehen. Das gilt für Religionen ebenso wie für Staatwesen. Denn was geschrieben steht, beansprucht Wahrheit. Selbst wenn es Fiktion ist, so könnte es doch so gewesen sein. Und wenn nicht heute und hier, so doch in einer fernen, früheren oder späteren Welt. Lesen macht uns mit Utopien bekannt, die starke Wirkungen über Jahrhunderte entfalten. So haben zu allen Zeiten religiöse und weltliche Führer aufwändige Systeme der Ächtung und Genehmigung von Lektüren erdacht.

Lesen ist tödlich!
Auch in der bürgerlichen Welt stand man dem Lesen lange Zeit skeptisch gegenüber. Zu viel Lesen sei gesundheitsschädlich, schwäche es doch die Augen, ja den ganzen Körper, durch langes Stillsitzen und nur „vorgestellte Tätigkeit“. Nach der Lektüre von Goethes Werther sollen gar tausende junger Menschen ihrem Leben ein Ende gesetzt haben. Selbst wenn es nicht so viele waren, so wird es doch der eine oder andere gewesen sein, der Werthers Beispiel gefolgt ist. Seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts beschäftigt sich die Psychologie mit dem Phänomen der Nachahmungseffekte medial vermittelter Suizide, dem Werther-Effekt.

Lesen verdirbt!
Schmutz und Schund und Häresie transportierten Bücher gleichermaßen. Insbesondere die Frauenzimmer seien gefährdet. Nicht nur, dass sie die Familie zugunsten ihrer Lektüren vernachlässigten, auch ihre Seelen nähmen Schaden, befürchteten die Sittenwächter des 18. Jahrhunderts. Und der Mann werde mit revolutionären Gedanken bekannt und damit als Staatsbürger verdorben, meinten die Vertreter der Obrigkeit des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Auch heute sind bestimmte Kreise von der Gefährlichkeit des Lesens überzeugt: So verlangen zum Beispiel Studentenorganisationen in den USA „Trigger Warnings“ bei bestimmten Büchern, um eine traumatische Wirkung auf die Studierenden zu vermeiden.

Petra Gust-Kazakos geht in ihren Essays diesen und anderen Gefahren des Lesens nach. Gefahren für den Leser, wegen Irreführung durch den Autor. Gefahren für die Autoren, wegen Leugnung durch den Leser. Gefahren durch Übersetzung, Bearbeitung und Zensur, Gefahren durch Informationsflut und Informationsselektion. Eine Aufforderung, sich in Gefahr zu begeben – eine Aufforderung zum Lesen.

Petra Gust-Kazakos
Gefahren des Lesens. Essays zu Risiken und Nebenwirkungen.
Gebunden, Hardcover, ca. 200 Seiten, 17,90 €
ISBN 978-3-9816594-2-9
Erscheint am 17.11.2016 (Erscheinungstermin aktualisiert, siehe hier)

Hier kann man eine Leseprobe herunterladen: Gefahren des Lesens (pdf)

2 thoughts on “Gefahren des Lesens
  1. Gute Neuigkeiten! | Philea's Blog
    Posted on Juli 30, 2016 at 9:46 pm

    […] adson fecit erscheinen wird. Bis 17. Oktober müsst ihr euch noch gedulden, dann ist es da : ) Mehr zum Buch direkt auf den Seiten des […]

  2. Susanne Haun
    Posted on Juli 31, 2016 at 9:40 am

    Mir gefällt schon das Wortspiel im Titel! Ich freue mich schon auf die Lektüre des Buchs.

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